Es war bereits dunkel, als der Reisebus am 28.12. nach der zweistündigen Fahrt vom Flughafen Lissabon das Duna Parque Hotel in Vila Nova de Milfontes, Portugal, erreichte. An Bord befanden sich knapp dreißig Sportler*innen und vier Trainer des Landesruderverbandes Niedersachsen. Für Matthias Helmkamp war es das dritte Mal, dass er hier ein Zimmer bezog. In den kommenden zwei Wochen übernahm er die Leitung der Trainingsgruppe Sonnenschein.
Eva Weitzel war das erste Mal dabei. Die A-Juniorin bringt auf dem Gebiet bereits einiges an Erfahrung mit, aber dieses Trainingslager ist schon etwas Besonderes. Die Boote beispielsweise tragen die Sportler*innen über den Strand ins Wasser. Einen Steg gibt es auch, aber der liegt so hoch im Wasser, dass er nur von den Trainern mit ihren Motorbooten genutzt wird. Ist der Einstieg geschafft, birg der Rio Mira weitere Herausforderungen für verwöhnte Kanalruder*innen. Da der Ort Vila Nova de Milfontes direkt an seiner Mündung liegt, lassen die Gezeiten den Wasserspiegel ansteigen und fallen. Besondere Vorsicht ist daher bei den Sandbänken geboten, über die bei Hochwasser problemlos hinweg gerudert werden kann, die bei Niedrigwasser aber ein schwer sichtbares Hindernis darstellen. Wer diese Herausforderungen meistert, wird mit einem Ruderrevier belohnt, das vor allem durch die umgebende Landschaft besticht.
Elisa Patzelt war schon zum zweiten Mal dabei. Wie vor drei Jahren teilte sie sich auch in diesem Jahr mit ihrer damaligen Zweierpartnerin, Stina Röbbecke, das Zimmer in einem der Appartements. In diesem Jahr trainierten beide hauptsächlich im 1x auf dem Rio Mira und verbesserten ihre Technik im Skullboot. Die Appartements befinden sich wenige hundert Meter vom Restaurant des Hotels entfernt direkt hinter den Dünen. Bei geöffnetem Fenster hört man das Meeresrauschen.
Die U23-Sportlerinnen freuten sich besonders auf das Essen in den zwei Wochen in Vila Nova de Milfontes. Eine Holztreppe führt von dem Abschnitt des Strandes an der Mündung auf die Promenade, an der sich das Restaurant befindet. Der Ausblick ist sehr schön, wurde von den Teilnehmenden des Trainingslagers meist erst nach dem Essen wirklich bemerkt, ihre Aufmerksamkeit galt zunächst dem leckeren Buffet, das drei Mal täglich bereitstand. Alle waren froh, 2021 trotz Pandemie so gut versorgt, bei Sonnenschein und milden Temperaturen, die das Rudern im T-Shirt zulassen beenden zu können.
Aus einem guten Rutsch ins neue Jahr wurde dann eher eine Bruchlandung. Nach kurzer Freude begleitet durch das öffentliche Feuerwerk am Strand, erreichte die Trainingsgruppe schnell die schlechten Nachrichten. Gleich zwei Bootsschäden entstanden an Silvester, eines der betroffenen Boote der Oldenburger Zweier Incendium. Gegen Wind und Wetter waren Boote zwar durch sorgfältiges Festbinden und Abdecken zwar geschützt, nicht aber gegen die feiernden Anwesenden. Wie genau es zu den Schäden kam, blieb unklar.
Für Tom Thomas (Leer, TeamNordwest), der in den Letzten Jahren erfolgreich mit Janne Rosendahl gerudert ist, und seinen jetzigen Hamburger Zweierpartner Max Rosenfeld war diese Nachricht besonders tragisch. Geplant waren viele gemeinsame Kilometer im 2- um sich die nötige Abstimmung und Präzision zu erarbeiten. Nun mussten sie in andere Boote ausweichen, trainierten im 4- im 2x. Es galt motiviert zu bleiben und jede Einheit zu nutzen, um an den individuellen Fähigkeiten und am Zusammenspiel zu arbeiten.
Das Zusammenspiel in der Trainingsgruppe Sonnenschein funktionierte gut. Auf dem Wasser stellte Anna Oldewurtel (Norden TeamNordwest) das wiederholt durch ihre Fähigkeit, sich in wechselnde Zweierkombinationen einzufügen unter Beweis. Im Vierer mit anderen erfahrenen und erfolgreichen Sportlerinnen des LRVN zeigte auch Eva ihre Passfähigkeit. Gerade an Land war die positive Dynamik der Gruppe zu spüren. Am einzigen ruderfreien Tag wurde vormittags am Strand Volleyball gespielt, nachmittags kamen die sechs kurz vor Sonnenuntergang von ihrer Radtour zurück, die gleichermaßen Trainingseinheit und Abenteuer war. Die Zeit war geprägt durch gute Laune, schlechte Witze und gegenseitige Unterstützung. Nur während des abendlichen Werwolf-Spielens geriet das Vertrauen untereinander etwas ins Wanken.
Am 11. Januar stiegen sie nach einem insgesamt erfolgreichen Trainingslager wieder in den Bus, der sie zum Flughafen brachte.